In einem Tag auf Deutschland´s höchsten Gipfel

„Große Ziele erreicht man, indem man viele kleine Schritte geht!“

Zugspitze Panorama

Wie viele Schritte es braucht und wie anstrengend diese für mich werden würden, das war mir nicht wirklich bewusst, als ich meinen lang gehegten Wunsch ins Auge fasste: einmal aus eigener Kraft den Gipfel der Zugspitze erklimmen!

Klettersteig

Zur Vorbereitung bin ich fleißig im heimischen Mittelgebirge gewandert, etliche Male den Melibokus hoch und wieder runter, in fast jeder freien Minute.

Am 4. Oktober war es dann soweit. Die letzte Möglichkeit vor dem angekündigten Wintereinbruch. Das Wetter sollte neblig und kühl werden, aber immerhin trocken.

Die Route, die ich mir ausgesucht hatte, ging vom Eibsee aus über knapp 9 km und genau 2.000 Höhenmeter ziemlich direkt hoch zum Gipfel. Dabei galt es einen Klettersteig zu überwinden und jede Menge felsiges und steiles Gelände.

Als Flachlandindianer und Rookie in diesem Gelände, habe ich mich für diese Tour mit dem erfahrenen Bergführer Tom Schmitt verabredet. Das ist Jedem zur empfehlen, der so etwas zum ersten Mal macht. Wie wichtig Tom für mich werden würde, das sollte sich noch zeigen.

Aufstieg

Wir starteten kurz nachdem es hell wurde um 7.30 Uhr vom Parkplatz der Zugspitzbahn am Eibsee. Zuerst ging es die Skipiste hinauf, steil aber einfach zu gehen. Dann durchwanderten wir einen wunderschönen Wald auf traumhaften Pfaden, bis es schließlich nach der Baumgrenze karger wurde.

Nach weiteren steilen Metern im knöcheltiefen Schotter erreichten wir den beeindruckenden Mast der Zugspitz-Seilbahn und wenig später die urige Wiener Neustädter Hütte, die auf 2.216 Metern Höhe erbaut wurde.

Der Hüttenbetrieb war für diese Saison zwar schon eingestellt, aber wir hatten eine kleine Brotzeit im Rucksack und legten eine Pause zur Stärkung ein.

Bis hier lief es ganz gut und wir waren sogar etwas vor der auf den Wegschildern angegeben Zeit an der Hütte angekommen.

Stopselzieher

Stopselzieher

Stopselzieher

Nun hieß es, das Klettersteigset anlegen, Helm aufsetzen und rasch das nächste Schotterfeld queren, um in den „Stopselzieher“ einzusteigen.

Das ist ein Klettersteig, der wie ein Kamin senkrecht durch den Fels nach oben geht, der Form ähnlich eines Korkenziehers.

Die Schwierigkeit war durch viele angelegte Tritte und Bügel nicht sehr hoch, aber einige Sicherungen waren durch Stein- und Blitzschlag nicht mehr intakt. Daher war ich froh, dass ich dank Tom am kurzen Seil gesichert gehen konnte.

Tom ging voran und ich folgte seinen Anweisungen „easy“, „langsam“ und „immer kleine Schritte machen“.

Zum Gipfel

Nach dem Stopselzieher konnte man tatsächlich oben im Nebel schon den Gipfelgrat erkennen. Die letzten 300 Höhenmeter standen an und mich verließen so langsam die Kräfte.

Meine Schritte waren viel zu groß, teilweise unkoordiniert. Die Oberschenkel brannten, die Arme wollten nicht mehr und außerdem bekam ich schlecht Luft in der Höhe. Wir wurden immer langsamer und ehrlich gesagt, hätte ich mich am liebsten hingesetzt und wäre nicht mehr aufgestanden.

Das wäre aber keine gute Idee gewesen, denn wenn die Muskeln einmal auskühlen und der Rhythmus fehlt, geht gar nichts mehr. Also gab es eine kurze Trinkpause und es ging weiter. Es gab ja auch keine Option. Im Zeitlupentempo näherten wir uns dem Gipfelgrat.

Gipfelgrat

Endlich oben

Fast oben angekommen, verließen wir die Nordwestflanke und standen erstmals im stürmischen Wind.

Fluchend stapfte ich weiter hinter Tom her, an den massiven Antennenanlagen und Seilbahnaufbauten vorbei, über eine letzte Leiter und Treppe, bis hinauf zur Terrasse des Münchner Hauses.

Wir stärkten und wärmten uns im Münchner Haus und hofften darauf, dass der Nebel etwas Sicht freigab, denn wir mussten ja noch zum Gipfelkreuz rüber.

Das Wetter tat uns den Gefallen nicht, aber dafür hatten wir den Gipfel für uns alleine. Das kommt hier oben nicht oft vor.

Nach weiteren fünf Minuten kraxeln, stand ich endlich oben am goldenen Gipfelkreuz auf knapp 3.000 Metern. Noch etwas surreal, aber schön.

In den Bergen lernt man viel über sich selbst

Und so konnte ich auch einige Erkenntnisse mitnehmen, z.B.:

  • Die Zugspitze ist nicht der Melibokus! Das Wandern lässt sich nicht 1:1 auf die Anforderungen im alpinen Gelände übertragen.
  • Viele kleine stetige Schritte führen auch zum Ziel.

  • Der Kopf ist ausschlaggebend, wenn der Körper schon am Kapitulieren ist (vielleicht ist das die mentale Komponente, die noch aus der sportlichen Wettkampfzeit geblieben ist).

  • Teamwork, Vertrauen und Unterstützung sind entscheidend.

Ich bin auf jeden Fall sehr dankbar für diese wertvolle Erfahrung.

Zugspitze Tina

Fotos und Begleitung:
Thomas Schmitt, staatl. geprüfter Berg- und Skiführer; Krün
www.zugspitzführer.de